Die Swiss Epic ist ein Mountainbike Etappenrennen, das seinesgleichen sucht: Alpine – hochalpine Bergwelt, grandioses Panorama, sowohl flowige als auch technisch anspruchsvolle Strecken gespickt mit vielen Höhenmetern. Während dies das Rennen absolut einzigartig macht, folgt es in organisatorischen Details der Tradition vieler klassischer MTB-Etappenrennen. Unter anderem muss es – wie etwa die Transalp oder die Cape Epic – zu zweit absolviert werden.
Letztes Jahr bin ich mit Oliver Imfeld in der Kategorie der Masters (jeder der Partner ist mindestens 40 Jahre alt) gestartet. 6 Starts, 6 Siege: Ob Prolog oder Etappen, Flowtrails oder Asphalt. Wir dominierten in unserer Kategorie.
Einmal ist kein Mal sagt man, und so entschlossen wir uns, auch 2016 wieder anzutreten. Würde es uns gelingen unseren Titel zu verteidigen?
Vorbereitung
Wie würden wir uns mit Hardtails schlagen? Oder sollten wir doch auf Fullies wechseln? Auf was würde die Konkurrenz (darunter Bergziegen UND Downhillraketen) setzen?
Aussen genügt ganz wenig Druck, womit der Pneu super auf dem Gelände liegt und wunderschön mitfedert: ideal also für unser Vorhaben mit Hardtails die Swiss Epic zu bestreiten.
In der Innenkammer unmittelbar über der Felge herrscht hingegen ein hoher Luftdruck, daher können selbst maximale Belastungen nicht auf die Felge durchschlagen. Und schliesslich sichert das innere Hochdrucksystem den Reifen auf der Felge, das heisst, der gefürchtete Luftverlust durch Wegdrücken des Reifens bei geringem Druck wie es bei herkömmlichen Tubeless-Systemen vorkommen kann, ist nahezu ausgeschlossen.
Prolog - Motto.... wir können uns nur selber schlagen.....!!!
26km, fast 2000 Höhenmeter bergab und nur knappe 500 Höhenmeter bergauf, das waren die Eckdaten des Prologs. Wir konnten uns also nur selber schlagen. Durch Panne oder Sturz oder beides.
Mit dem nötigen Respekt in den schweren Downhill-Passagen, kraftsparend in den steilen ruppigen und technischen Anstiegen und stark da, wo wir eben stark sind: in den schleichenden „schnellen Steigungen“.
Doch trotz aller Vorsicht, ohne das PROCORE System wären wir bestimmt nicht ohne Panne auf Rang 2 gefahren mit nur 1 min 15“ Rückstand auf Thomas Jauner und Christian Biffiger vom Thömus Racing Team, die souverän die Etappe gewannen.
1. Etappe: Heiss... Lang... und HART!!!
Und so suchten wir auch die Entscheidung genau da: Wir griffen in den Steigungen an um mit Vorsprung in die Abfahrten zu stechen. Der erste Anstieg war allerdings viel zu kurz als dass es gelang uns deutlich genug abzusetzen. Schnell waren wir wieder eingefangen und es gelang den Prologsiegern sogar uns regelrecht stehen zu lassen. Das Spielchen wiederholte sich dann noch ein paar Mal. Immer wieder kamen wir in den Aufstiegen heran, überholten um gleich darauf in den Abfahrten wieder geschnappt zu werden. Erste Zweifel überkamen uns. Wären wir am Ende mit einem leichten Fully nicht doch besser bedient gewesen? Doch wir bissen uns an diesem brutal heissen Tag über die 91km Distanz zählende Strecke durch.
2. Etappe: Fast alles... verloren....!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!
Für das grandiose Panorama oben bei der Rinderhütte unterhalb des Torrenthornes hatten wir keine Augen. Immer wieder sagten wir uns: Wir können uns nur selber schlagen.
Doch da.. Zu schnell in einen Trail hinein. Ein grosser Stein, der hätte umfahren werden müssen wurde Oli zum Verhängnis. Ein spektakulärer Sturz, der alles in Frage stellte. Aus eigener Erfahrung wusste ich, dass man nach einem Sturz möglichst schnell das Rad packen und weiterfahren sollte. Es ist die beste Therapie gegen die Schmerzen und den Schock. So auch in diesem Fall. Oli packte sein Bike, das zum Glück keinen Schaden genommen hatte und stieg sofort auf. Im Adrenalinrausch ging es weiter und wir waren zunächst super gut dabei.
Doch plötzlich. Im sehr, sehr steilen Schlussanstieg, liessen sich die Schmerzen ganz offensichtlich nicht mehr verdrängen. Oli hielt sich zwar sehr tapfer, sagte nichts von seinen Qualen, doch seine Körpersprache verhiess nichts Gutes. Teams, die wir vorher noch locker überholt hatten, liessen uns nun stehen.
Schliesslich kam noch eine Laufpassage, eine sonst ganz spezielle Stärke von Oli. Normalerweise wäre er hier an mir vorbeigerannt und hätte das Tempo vorgegeben. Doch jetzt.. jetzt musste ich auf ihn warten. Und es kam noch schlimmer. Er konnte anschliessend kaum auf das Rad steigen. Es waren nur noch wenige Kilometer ins Ziel aber sie schienen unendlich. Wir kratzten alle Kraftreserven zusammen und fuhren so gut und so schnell es unter den Umständen eben ging.
Im Ziel brach Oli förmlich zusammen. Prellung? Oder doch sogar letztendlich innere Blutungen da der Schlag in der Lebergegend war? Die Rettungssanitäterin organisierte einen Transport nach Visp ins Spital. Labor- und Ultraschalluntersuchungen sollten Klarheit über die Schwere der Verletzung geben.
Für Oli begann jetzt eine mehrstündige Tortur. Es blieb knapp Zeit um sich frisch zu machen. Der Transport nach Visp, die Untersuchungen, immer wieder Warten. Schliesslich Entwarnung. Eine schwere Prellung, aber alle inneren Organe voll okay. Oli kam erst spätabends und völlig ausgehungert ins Hotel zurück. Wie würde er den Tag wegstecken? Wie würde er sich erholen können? Es blieben nur wenige Stunden bis zum Start der nächsten Etappe.
3. Etappe: Auf die Zähne beissen.......!!!!!!!!!!!!!
Der lange und schwere Aufstieg zum Col de la Croix oberhalb Verbier musste die Entscheidung um den Tagessieg bringen. Wir waren guten Mutes. Schliesslich waren ja genau die schweren Aufstiege unsere Stärke. Doch Olis Rücken machte sich immer stärker bemerkbar. An der letzten Verpflegung schlossen Bärti und Hansjörg zu uns auf und liessen uns förmlich stehen. Moralischer Tiefschlag. Unser Leadertrikot schien verloren. Mindestens zwei Minuten war zwischenzeitlich der Vorsprung der beiden. Und wir mussten vor ihnen am Berg sein, denn in der technischen Abfahrt nach Verbier würden sie wohl dominieren.
Den ersten Kampf verloren wir. Der Tagessieg ging an Bärti und Hansjörg. Doch das Leadertrikot, es blieb noch immer auf unseren Schultern. Ein Aufatmen. Doch unser Vorsprung auf die Gesamtzweiten war äusserst knapp. Für Spannung war also gesorgt.
4. Etappe: Der Teufel steckt im Detail.. oder in Schuhplatten…
Was würde dies für Olis Rücken bedeuten? Die Etappe war ein mittellanger Rundkurs. Nach einem kurzen, teilweise knackigen Aufstieg ging es von Verbier hinunter ins Tal (Val de Bagne), dann über einen sehr langen, Aufstieg auf der gegenüberliegenden Seite auf einen Kamm, von wo eine lange Trailtraverse und technische Abfahrt wieder zurück ins Val de Bagne führte. Vom Tal dann wieder nach Verbier hoch. Bergankunft also.
Es gelang uns im ersten Aufstieg von unseren Verfolgern wegzuziehen ohne gleich in der Abfahrt wieder eingeholt zu werden. Zwar sahen wir die beiden zu Beginn der nächsten Steigung, merkten dann aber, dass wir den Vorsprung ausbauen konnten.
Wir kamen aber sensationell gut und sturzfrei durch. Im Tal unten begann es richtig stark zu regnen. Aber es ging ja nur noch hoch, normalerweise gefahrlos. Dachten wir zumindest. Zunächst konnten wir auf einer Forststrasse ein richtig schnelles Tempo vorlegen, und nochmals flott zusetzen, als es auf einer geteerten Strasse entlang den Höhenlinien in Richtung Verbier ging.
Die letzten Kilometer. Wir würden die Etappe mit grossem Vorsprung gewinnen. Das war uns zu diesem Zeitpunkt klar. Die Euphorie beflügelte uns und wir gaben nochmals richtig Gas. Auf den letzten extrem steilen Metern kurz vor dem Ziel ein unerwarteter Sturz von Oli. Das Hinterrad war ihm auf einer nassen Regenrinne weggerutscht, beim Versuch auszuklinken kam er nicht aus dem Pedal und schlug daher hart auf dem harten Asphalt auf. Schei…! Schnell war klar, warum er gar nicht aus dem Pedal hat kommen können: Beim Versuch auszuklinken drehte die Schuhplatte mit.
Der Etappensieg ging diesmal an uns. Wir konnten auch den Vorsprung im Gesamtklassement ausbauen, da Bärti und Hansjörg in dieser Etappe Zeit verloren und somit für den Effort von gestern büssten.
5. Etappe: Sprintetappe im Regen… Noch einmal.. volle Konzentration…
Wir fuhren vorsichtig und wurden am Ende der langen Abfahrt von den Prologsiegern Thomas Jauner und Christian Biffiger eingeholt. Da standen noch ein Aufstieg und nochmals eine technische Abfahrt bevor. Wir mussten also im Aufstieg wieder genügend Zeit rausholen. Ein letztes Mal Vollgas berghoch. Tatsächlich erarbeiteten wir uns einen Vorsprung von ca. 3 Minuten. Es stand uns aber noch eine Abfahrt bevor. Die Organisatoren bewiesen Mut: Sie liessen uns nochmals die schwierige Abfahrt des Prologes von 2015 hinunterfahren. Bei diesem Wetter zum Schluss nochmals eine ganz, ganz grosse Herausforderung. Aber zum Glück kannten wir die Strecke mit ihren Absätzen und Wurzeln!
Somit konnten wir den Vorjahressieg und Titel „Sieger der Masters Kategorie“ verteidigen.
Unser grosses Ziel.. es war erreicht, vollbracht und erkämpft…! Durchnässt und unterkühlt liessen wir uns mit einer Champagnerdusche feiern.